Love of Colours: Kreativdirektor von Carolina Herrera im Interview

Erstveröffentlicht in der Herbst/Winter-Ausgabe 2023/24

Farben sind seine Leidenschaft: Der Kreativdirektor des Labels Carolina Herrera, Wes Gordon, liebt leuchtende, fröhliche Farben. Sie gehören zur DNA des New Yorker Labels. Seine eleganten, bunten Designs mit opulenten Blumenprints sind, wie die farbenfrohen Brillenfassungen, ein Hingucker und versprühen Freude und Sinnlichkeit.

Knalliges Pink, kräftiges Rot und sonniges Gelb: Die Fashionkollektionen von Wes Gordon sind ein wahres Farbenfeuerwerk. Der 37-Jährige ist Kreativdirektor des 1981 gegründeten Labels Carolina Herrera, das auf elegante, feminine Schnitte mit Liebe zum Detail und farbenfrohe Entwürfe setzt. Für die aktuelle Resort-Kollektion ließ er sich von der unbändigen LebensfreudeRio de Janeiros inspirieren und entführt selbstbewusste Frauen mit bunten Orchideen-Prints in eine tropische Fantasiewelt. Auch bei der Eyewear greift er gerne zur Farbe. In dieser Saison setzt er beispielsweise mit farbigen, diagonalen Einsätzen feine Kontraste auf den Acetat- Brillen oder spielt mit verschiedenen Farben beim Havanna-Muster der Fassungen.

Wes Gordon, welche Bedeutung haben Farben in Ihren Kollektionen?

Farben sind ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Bestandteil unserer Kollektionen. Sie können eine ganze Linie prägen, weil sie den Designs von Anfang an die notwendige Power und ihren Charakter geben. Ein zitronengelbes Kleid hat eine andere Aura als ein rotes. Ich liebe leuchtende, fröhliche Farben und habe sie in die DNA von Herrera aufgenommen. Gleichzeitig mag ich es aber auch, mit Farben zu spielen und überraschende Farbkombinationen in die Designs einfließen zu lassen. In der aktuellen Resort-Kollektion beispielsweise gibt es ein feminin geschnittenes Mini kleid mit Cut-Out in Seeblau, Kiwigrün und Papaya orange, das die brasilianische Lebensfreude widerspiegeln soll.

Wes Gordon mit Schneiderpuppen
Carolina Herrera

Seit 2018 ist Wes Gordon Kreativdirektor des Labels. Dabei ist es ihm mit seinen Designs gelungen, neue Akzente zu setzen und gleichzeitig die Tradition des Labels zu bewahren.

Welche Farbe ist Ihre Lieblingsfarbe?
Das ist schwer zu sagen. Ich habe nicht nur eine Lieblingsfarbe, sondern eine für verschiedene Dinge. Bei Blumen mag ich am liebsten Pastellrosa, bei T-Shirts Schwarz. Bei Lippenstiften finde ich ist das kräftige Carolina Rot, das auch die Farbe unserer Marke ist, am besten. All diese Farben fließen regelmäßig in meine Designs ein. In der aktuellen Kollektion habe ich verschiedene Proportionen, Stoffe und Regenbogenfarben mit dem charakteristischen New Yorker Schwarz und Weiß kombiniert. Eines meiner Lieblingsstücke ist ein Tüll-Rock, der aus Hunderten von Lagen handgeschnittenem, welligem Tüll in Schwarz und Weiß besteht und eine Hommage an die modernistische Strandpromenade des brasilianischen Landschaftsarchitekten Roberto Burle Marx darstellt.

Kennzeichen Ihrer Designs sind neben den leuchtenden Farben auch Blumenprints. Woher kommt Ihre Vorliebe für Blumen?
Ich liebe Dinge, die das Leben fröhlicher machen. Sei es ein Treffen mit Freunden, der Familie, ein schöner Ort oder eben Blumen. Für mich sind sie ein Meisterwerk der Natur. Sie symbolisieren Hoffnung, Optimismus und strahlen gleichzeitig Extravaganz aus. Außerdem haben sie etwas Ungezwungenes und Verführerisches an sich, das macht sie so spannend für die Mode. Passend zum Thema der Kollektion werden daher immer wieder Blumen in den Designs verwendet. Um florale Akzente zu setzen, muss es allerdings nicht immer ein Blumendruck sein. In der aktuellen Resort-Kollektion sind die Blumen der Saison, Orchideen, mal als filigrane Stickerei, mal als zarter Aquarelldruck auf Organza zu finden.

Sonnebrillenmodell in zartem Rosa
Carolina Herrera

Herrera steht auch für die New Yorker Fashion. Wie zeigt sich der New York Spirit in den Kollektionen?
New Yorker Mode ist für mich eine Synthese aus Fantasie und Wirklichkeit. Nicht der Ort, sondern die Weiterentwicklung der selbstbewussten Frau, für die die Marke seit ihrer Gründung durch Carolina Herrera steht, bildet den Mittelpunkt der Herrera-Designs. Die Herrera-Frau ist selbstbewusst und nicht schüchtern bei der Wahl ihrer Outfits, sondern kleidet sich, um aufzufallen und um in Erinnerung zu bleiben. Zudem liebt sie ihr Leben und versucht es nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Wenn nicht aus New York, woher nehmen Sie die Inspirationen für Ihre Designs?
Anregungen finde ich überall. Manchmal inspiriert mich ein Treffen mit Kolleginnen und Kollegen oder Freunden. Manchmal ist es ein Buch, das ich lese, das mich auf eine Idee bringt. Ich gehe immer mit offenen Augen durch die Straßen und entdecke selbst bei einem Spaziergang in vertrauter Umgebung, wie dem New Yorker Stadtteil Manhatten, in dem sich unser Designatelier befi ndet, immer wieder etwas Neues. Für unsere aktuelle Kollektion habe ich mich von der Energie der brasilianischen Alegría de Vivir und dem grenzenlosen Optimismus der Stadt Rio de Janeiro verzaubern lassen.

Model mit rot-rosa gestreiftem Kleid und großer Sonnenbrille
Carolina Herrera

Carolina Red ist eine von Wes Gordons Lieblingsfarben. Gerne setzt er diese auch in den Designs, wie hier in diesem gestreiften Kleid, ein. Abgerundet wird das Outfit von einer Oversized-Sonnenbrille.

Kommen wir zur Eyewear. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach eine Brille bei einem Outfit?
Brillen sind eine fantastische Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit zu unterstreichen und der Welt zu zeigen, wer man ist. Für mich sind Brillen zum einen emotionale Schmuckstücke, die die Zeit überdauern. Und zum anderen sind sie das ultimative Accessoire, um ein Outfit zu akzentuieren und zu vervollständigen.

Wie gelingt es Ihnen, die Designmerkmale der Fashionkollektionen auf die Brillenkollektion zu
übertragen?

Wenn ich meine Designs entwerfe, achte ich darauf, dass alles, was wir tun, alles, was wir produzieren, essenziell und von hoher Qualität ist. Diese Philosophie wende ich auch auf unsere Brillen an. Unsere Mode wird aufwendig in einem Atelier gefertigt. Daher müssen auch unsere Brillen handwerkliche und technische Meisterwerke sein. Die Materialien müssen hohen Ansprüchen genügen. Gleichzeitig macht es mir Spaß, die typischen Stilelemente des Hauses auf die Brillen zu übertragen. Viele unserer Designelemente, wie Perlen, Punkte oder Streifen, lassen sich hervorragend mit optischen Designs kombinieren. In der Herbstkollektion haben wir mit verschiedenen Materialien und Farben
gespielt, um die typischen Herrera-Streifen auf den Bügeln der Fassung zu kreieren.


Beschreiben Sie uns noch Ihre Highlights der Herbst/Winter Brillenkollektion …
Neben den Herrera-Streifen auf den Fassungen zählen die in die Scharniere eingearbeiteten Kristalle, die den Brillen einen edlen Touch verleihen, zu den Besonderheiten der Linie. Am meisten freue ich mich aber über die Weiterentwicklung der kleinen Details, wie die geschwungenen Bügel und glamouröse, übergroße Silhouetten, die wir immer weiterentwickeln. Außerdem haben wir das farbige Havanna-Muster neu eingeführt. So spielen wir beispielsweise bei Modellen der Essential- Linie bei einer Fassung in Burgund mit diagonalem Einsatz in Havanna-Burgund oder setzen bei einer Fassung in klassischem Havanna mit einem diagonalen Einsatz in Rot, auf dem das Monogramm-Logo zu sehen ist, einen frischen Farbakzent.

Fotos: Carolina Herrera